Donnerstag, 7. November 2013

Rückschlag für den BVB - "Endspiel" gegen Neapel

Das trübe Novemberwetter passte an diesem Abend zum Verlauf eines Fußballspiels, das den im Vorfeld geschürten hohen Erwartungen zu keiner Zeit gerecht wurde. In einem zwar intensiven, aber höchstens auf mittelmäßigem Niveau ausgetragenen Champions League-Spiel gewann Arsenal London glücklich mit 1:0 bei Borussia Dortmund und hat das Tor zum Achtelfinale weit aufgestoßen. Der BVB steht nun in drei Wochen gegen den SSC Neapel vor einem echten Endspiel um den weiteren Verbleib in der europäischen Königsklasse.

Packendes Duell zwischen Großkreutz und Ramsey
Vor 65.800 Zuschauern im ausverkauften Westfalenstadion wollten die Schwattgelben ihre aus sieben Heimsiegen am Stück bestehende CL-Erfolgsserie ausbauen und gegen die "Gunners" einen entscheidenden Schritt Richtung Achtelfinale machen. Doch die bis dahin einzige Unachtsamkeit in der BVB-Defensive nutzten die abgezockten Engländer nach gut einer Stunde Spielzeit zum siegbringenden Tor des Tages.

Borussia, wieder mit Jürgen Klopp an der Seitenlinie statt auf der Tribüne, mußte kurzfristig auf den verletzten Mats Hummels verzichten. An seine Stelle rückte Neven Subotic an die Seite von Sokratis, der sein Startelf-Debut für den BVB in einem Champions League-Spiel gab. Wie erwartet ließ Klopp ansonsten die Elf auflaufen, die ein paar Tage zuvor den VfB Stuttgart mit 6:1 nach Hause schickte.

Von Beginn an entwickelte sich ein zerfahrenes und teilweise unansehnliches Spiel mit zwar vielen intensiven Zweikämpfen, aber leider ebenso vielen beiderseitigen technischen Ungenauigkeiten. Bezeichnenderweise gaben die mit Vorteilen im Ballbesitzanteil agierenden Gäste von der Insel in der ersten Hälfte nicht einen einzigen Torschuß ab. Dortmund hatte das Spiel - auch ohne eigenen Ballbesitz - jederzeit im Griff und konnte im Gegensatz zu den Gästen immerhin gelegentlich so etwas wie Torgefahr entwickeln. So kam der BVB durch Blaszczykowski (26.) zu einer halben und durch Mkhitaryan (37.) zu einer hundertprozentigen Torchance. Der Armenier schoß das Leder jedoch aus ca. zehn Metern völlig freistehend knapp an Szczesnys Tor vorbei. Viel mehr gibt es aus Halbzeit eins leider nicht zu berichten. Das Spiel war sehr zäh und die Angst vor einem Rückstand war bei beiden Teams deutlich spürbar.

Die Entscheidung: Ramsey köpft zum 1:0 ein.
Im zweiten Spielabschnitt erhöhte der BVB zunächst das Tempo und begann erheblich zielstrebiger als zuvor. Man merkte den Schwattgelben nun den unbedingten Willen an, mit dem Führungstor in die Erfolgsspur zu finden. Eine gute Viertelstunde setzte Borussia die Engländer unter Druck und kam zu einigen vielversprechenden Tormöglichkeiten. Nach gut einer Stunde Spielzeit lautete die Torschuß-Statistik 10:0 für den BVB. Wie aus heiterem Himmel fiel jedoch dann das 1:0 für Arsenal. Ramseys Kopfballtor aus fünf Metern Entfernung war Folge einer beispiellosen Fehlerkette der Borussia und traf den BVB in der 62. Minute mitten ins Herz. Nach einer eigentlich bereits geklärten Situation vor dem eigenen Tor unterlief Sokratis ein folgenschwerer Fehlpaß. Das Leder fand den Weg auf die rechte Angriffsseite der "Gunners", von wo Özil vor dem nur zögerlich attackierenden Schmelzer in aller Ruhe flanken konnte. Großkreutz verlor das Kopfballduell gegen Giroud, der den Ball zu dem von Subotic kurz aus den Augen gelassenen Ramsey bugsierte. Aus fünf Metern köpfte dieser unhaltbar für Weidenfeller ein. Borussia und das gesamte Westfalenstadion standen unter Schock. Mit ihrem ersten Torschuß war die Wenger-Elf in Führung gegangen. Das kurzzeitige Durcheinander in der BVB-Defensive hätte nur wenige Minuten später fast die Entscheidung gebracht. Doch Sahin rettete in der 66.Minute nach einem Schuß von Ramsey auf der Torlinie.

Klarer Elfmeter - aber kein Pfiff: Lewandowski, Mertesacker
Danach brachte Klopp mit Aubameyang und Hofmann zwei weitere Offensivspieler. Borussia wehrte sich vehement gegen die drohende Niederlage, fand aber nicht mehr zurück ins Spiel. Arsenal verteidigte clever und mit viel Geschick. Gegen die nun aufgebaute Fünfer-Kette der Londoner fand Borussia kein Mittel und kam zu keiner hundertprozentigen Torchance mehr. Aufregung aber nochmal in der letzten Minute der Nachspielzeit, als Mertesacker Lewandowski im Arsenal-Strafraum zu Fall brachte. Doch der ingesamt schwache niederländische Schiedsrichters Kuipers verwehrte dem BVB den fälligen Elfmeter. Eine klare Fehlentscheidung, die die Niederlage des BVB nicht entschuldigen soll  - diese aber endgültig besiegelte.

FAZIT

Es war ein insgesamt gebrauchter Abend für den BVB. Die Schwattgelben gingen zwar gewohnt leidenschaftlich zu Werke und standen defensiv sehr sicher, wirkten jedoch besonders in der ersten Halbzeit in ihren Offensivbemühungen viel zu zaghaft. Zwar lief der Ball stellenweise gar nicht schlecht, doch brachten sich die Borussen mit teilweise unerklärlich leichten Ballverlusten ein ums andere Mal um die Früchte ihrer Arbeit.

Das Fehlen des verletzten Mats Hummels machte sich besonders in der Spieleröffnung bemerkbar. Da auch Sahin nicht seinen besten Tag erwischt hatte, fehlte es der Dortmunder Schalt- und Kreativzentrale an Impulsen und zündenden Ideen. Der türkische Nationalspieler konnte seine zuletzt starke Form leider nicht bestätigen. Das gilt auch für Henrikh Mkhitaryan, der zwar seine bekannte Stärke in der Balleroberung ein ums andere Mal nachweisen konnte. Doch seinen Offensiv-Aktionen fehlte an diesem Abend ebenso die Genauigkeit wie fast allen anderen Dortmundern auch. Zudem vergab der armenische Neuzugang überhastet und unkonzentriert die größte BVB-Chance des gesamten Spiels.

Dreikampf zwischen Schmelzer, Arteta und Subotic
Positiv war der Auftritt von Jakub Blaszczykowski. Der polnische Nationalspieler entwickelte enormen Zug zum Tor und bewies in seinen Aktionen die zuletzt bei ihm vermisste Klarheit und Dynamik. Im Gegensatz zu Marco Reus, der sich ein ums andere Mal in der vielbeinigen Abwehr der Gunners festrannte und oft den richtigen Zeitpunkt des Abspiels verpasste. Der meist auf sich allein gestellte Lewandowski im Dortmunder Angriff war zwar bemüht, konnte sich aber gegen den starken Per Mertesacker kaum einmal durchsetzen.

Weiteres Manko der Borussia: mit zunehmender Spieldauer verlagerte der BVB seine Angriffsbemühungen immer mehr ins Zentrum. Das Spiel über die Außen kam zeitweise völlig zum Erliegen. Die stets aufrückenden Außenverteidiger Großkreutz und Schmelzer wurden kaum mehr ins Offensivspiel eingebunden. Dadurch bekam das Spiel der Borussia sehr statische Züge, sodaß sich Arsenal immer besser auf die Angriffsbemühungen der Schwattgelben einstellen konnte.

Auch wenn die Borussia an diesem Abend kaum zu ihrem gefürchteten Kombinationsspiel fand und einige lange nicht gesehene Schwächen zutage traten, muß die Niederlage als ebenso unglücklich wie unverdient bezeichnet werden. Das Torschußverhältnis von 15:4 für die Schwattgelben drückt deren Offensiv-Überlegenheit aus - offenbart aber auch die diesmal mangelhafte Effektivität.

Da im Parallelspiel der SSC Neapel gegen Marseille mit 3:2 gewann, führen die Italiener nun punktgleich mit Arsenal die Tabelle der Gruppe F an. Beide Teams kommen auf neun Zähler. Dortmund rangiert mit sechs Punkten auf Platz drei und steht nun gegen Napoli in drei Wochen vor einem echten Endspiel. Gegen die Elf von Rafa Benitez zählt nur ein Sieg, will sich der BVB nicht schon nach der Vorrunde aus der Champions League verabschieden. Es gilt nun, schnellstmöglich die volle Konzentration auf das kommende Bundesliga-Spiel in Wolfsburg zu richten. Danach geht die Liga in eine zweiwöchige Länderspielpause, in deren Anschluß der BVB in den Duellen gegen Bayern München sowie gegen Neapel in der Königsklasse vor richtungsweisenden Spielen steht.

Text: Markus Flügel   ---------   Fotos: Getty Images   ---------   PK-Video: Sportlive Dortmund

Die Pressekonferenz nach dem Spiel gegen Arsenal London zum Anklicken:




DIE STATISTIK

Borussia Dortmund: Weidenfeller - Großkreutz, Subotic, Sokratis, Schmelzer - Bender, Sahin - Blaszczykowski, Mkhitaryan, Reus - Lewandowski
FC Arsenal: Szczesny - Sagna, Mertesacker, Koscielny, Gibbs - Ramsey, Arteta - Rosicky, Özil, Santi Cazorla - Giroud
Einwechselungen: 74. Aubameyang für Blaszczykowski, 75. Hofmann für Bender, 86. Schieber für Reus - 75. Monreal für Santi Cazorla, 90. Bendtner für Giroud, 90.+1 Vermaelen für Arteta
Tor: 0:1 Ramsey (62., Giroud),
Schiedsrichter: Kuipers (NED)
Gelbe Karten: Lewandowski - Arteta
Zuschauer: 65.800 (ausverkauft)

Ratlosigkeit und Enttäuschung nach dem Schlußpfiff
DIE STIMMEN ZUM SPIEL

Jürgen Klopp: "Fußball ist ein Ergebnissport. Arsenal hatte in der 62. Minute die erste Chance und macht den Ball rein. Es fühlt sich ungerecht an, aber das muss man akzeptieren. Wir hatten viele Super-Momente, haben es aber nicht geschafft, daraus gute Torchancen zu machen. Wir haben häufig den freien Mann nicht gefunden, Arsenal hat vielbeinig verteidigt. Unzufrieden mit der Leistung der Mannschaft sollte niemand sein. Sie hat vieles richtig gemacht. Die positivste Nachricht ist, dass wir mit zwei Siegen in die nächste Runde einziehen. Uns ist bewusst, dass das nicht leicht ist. Aber wir glauben an diese Chance. Es ist möglich, und dieses Wissen reicht uns."

Arsène Wenger: "Wir haben sehr geschlossen gespielt und waren sehr konzentriert in der Defensive. Dortmund hat sehr starkes Pressing gespielt. Wir hatten sehr viel Ballbesitz, konnten daraus aber keine Chancen erzielen. Es war wichtig, nicht den ersten Fehler zu machen und auf den richtigen Moment zu warten. Wir hätten auch das zweite Tor erzielen können. Es war ein großartiger Sieg und hat die Sache für uns leichter gemacht. Beide Mannschaften mussten gewinnen, wir vielleicht sogar noch etwas mehr als Dortmund. Wir haben gegen einen sehr starken Gegner gespielt. Ich habe sehr viel Respekt vor Dortmund. Die Gruppe ist sehr stark, und eine dieser drei Mannschaften wird einen hohen Preis zahlen müssen. Ich hoffe, dass wir das nicht sein werden." 

Roman Weidenfeller: "Fußball kann manchmal ungerecht sein. Wir hatten in London das Quäntchen Glück. Heute sind wir bestraft worden. Leider hat nach vorne die Zielstrebigkeit gefehlt. Wir wollten es zu schön machen. Gerade bei der Witterung muß man auch mal schießen. Jetzt ist die Gruppe wieder völlig offen."

MEINE BVB-NOTEN

Weidenfeller (3), Großkreutz (3), Sokratis (3,5), Subotic (3,5), Schmelzer (4), Bender (3), Sahin (4), Blaszczykowski (2,5), Mkhitaryan (4), Reus (4), Lewandowski (4), Aubameyang (-), Hofmann (-), Schieber (-).

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